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Ein Baby wird geboren...

  • Autorenbild: Monika Frey-Rahoui
    Monika Frey-Rahoui
  • 17. Apr.
  • 7 Min. Lesezeit



Es ist Sonntag Mitternacht (9 Tage vor dem ET) und ich möchte schlafen gehen, doch eine große Unruhe lässt mich nicht einschlafen also stehe ich nochmals auf um einige Emails zu schreiben. Um 2 Uhr bin ich dann doch richtig müde und lege mich ins Bett. Noch bevor ich einschlafen kann spüre ich eine erste Wehe, eine viertel Stunde später die nächste. Ist das der Beginn meiner Geburt?? Die Wehen kommen in sehr unregelmäßigen und lange Abständen, auch ist die Intensität noch nicht besonders hoch, aber doch schon so, dass einschlafen nicht mehr möglich ist. Ich verbringe die Nacht im Bett um mich auszuruhen und noch letzte Kraft für den tatsächlichen Fall einer Geburt zu tanken. Soll ich Oliver, der neben mir tief schläft und von all dem noch nichts mitbekommt wecken? Nein, ich beschließe, dass zumindest er sich ausschlafen soll.

 

Montag Morgen: die Abstände der Wehen sind unregelmäßig, ca. 6 Minuten. Oliver wacht auf und ich weihe ihn ein – beide sind wir aus dem Häuschen, aufgeregt, unsicher, neugierig – was kommt denn da genau auf uns zu? Ist es wirklich schon soweit? Kommt unser Baby bald auf die Welt? „Lass uns doch unsere Hebamme Moni anrufen!“ [also eigentlich ist es gar nicht „unsere“ Hebamme, sondern ihre Vertretung, denn unsere ist noch auf Urlaub – wir haben aber auch Moni im Vorfeld kennengelernt :) ] Moni meint, dass es wohl noch keine „echten“ Wehen seien, da sie noch nicht so stark sind und auch sehr unregelmäßig kommen, wir sollen das ganze weiter beobachten und sie im Laufe des Vormittags nochmals kontaktieren.

 

Oliver beschließt, nicht in die Arbeit zu fahren, erledigt dich dringlichsten Dinge noch daheim am Vormittag und delegiert Wichtiges durch tausende Mails an andere weiter – ihm wäre es wohl lieber, wenn das Baby sich noch ein paar Tage Zeit ließe... aber der Papa hat hier nicht mit zu entscheiden – das Baby hat sich schon langsam auf den Weg gemacht! Ich bleibe im Bett, probiere die unterschiedlichsten Positionen aus, nach Gehen ist mir gar nicht zumute, ich konzentriere mich sehr auf meine Atmung und bin ganz bei mir. Oliver misst nebenbei immer wieder die Abstände, die immer kürzer werden, aber nicht wirklich regelmäßig sind, die Intensität nimmt kontinuierlich langsam zu. Auf Monis Rat dusche ich, die Wehen werden weder weniger noch intensiver, aber das warme Wasser ist sehr angenehm. Am Telefon am Vormittag vereinbaren wir mit Moni, dass sie zu Mittag bei uns vorbeischaut um zu sehen, was sich bei uns so tut. Ihrer Meinung nach sind es immer noch keine richtigen Wehen, weil ich am Telefon noch mit ihr sprechen kann.

 

So stellt die Hebamme bei ihrem Besuch bei uns fest, dass mein Muttermund ca. 1–2 cm offen ist – die eine oder andere öffnende Wehe war wohl schon dabei. Moni meint, dass es noch heute oder spätestens morgen richtig losgehen wird und falls nicht, würde sie mir wehen fördernde Mittel empfehlen, um dann nicht noch eine dritte Nacht ohne Schlaf zu verbringen... aber soweit kommt es gar nicht... für mich ist es eigentlich schon längst richtig losgegangen... Moni verlässt uns wieder, wir sollen sie auf dem Laufenden halten und schlägt vor, dass wir eine Runde spazieren gehen. Wir beschließen, uns ein gutes Mittagessen zu holen – aber keine 100 Meter von der Wohnung entfernt kehre ich wieder um – dafür waren meine Wehen einfach schon zu heftig.

 

Im Laufe des Nachmittags werden meine Wehen immer intensiver, ich bin sehr bei mir und konzentriere mich voll auf mich und meine Atmung, die Abstände werden immer kürzer und nun kann man eine Uhr nach mir stellen :) Außerdem geht meine Fruchtblase auf – das Ganze ist nicht ganz so wie im Film mit einem großen „Platsch“ – es kommt immer wieder etwas Flüssigkeit (daher war ich mich zuerst gar nicht sicher, ob das überhaupt Fruchtwasser ist...) Als ich einen 3-Minuten-Abstand habe, rufe ich nochmals Moni an, nun kann ich während einer Wehe auch wirklich nicht mehr mit ihr sprechen und wir vereinbaren, dass wir uns in 1–2 Stunden im Geburtshaus treffen. Sie bereitet in der Zwischenzeit alles vor. Ich dusche nochmals vor dem losgehen, wir packen zusammen und treten die 20-minütige Autofahrt an. Die Wehen sind schon richtig arg und ich weiß gar nicht wie ich mich im Auto platzieren soll, ein paar Unebenheiten hin der Straße nehme ich auch wahr. In meiner Erinnerung ist der Weg ins Geburtshaus im Dunkeln – es ist aber Sommer und früher Abend, also eigentlich noch hell...

 

Die Ankunft im Geburtshaus ist wunderbar: Moni erwartet uns schon, alles ist sehr liebevoll vorbereitet: sie hat den Raum abgedunkelt, Kerzenlicht und eine Duftlampe lassen die Atmosphäre richtig romantisch werden und die Badewanne (die eigentlich mehr wirkt wie ein luxuriöser Whirlpool) ist bereits eingelassen. Eine Hebamme in Ausbildung, Lena, ist auch dabei und wirkt sehr sympathisch. Mein Muttermund ist mittlerweile 8 cm offen, die Herztöne sind in Ordnung und so steige ich in die Badewanne. Moni warnt mich vor: ein Positionswechsel bringt vorerst immer auch stärkere Schmerzen mit sich, der Körper braucht wieder ein paar Wehen um sich gut einzurichten und um mit den Schmerzen zurecht zu kommen. Ich genieße das angenehm temperierte Wasser (ich war mir im Vorfeld nicht ganz sicher, ob ich ein warmes Bad angenehm finden würde) und bin voll auf mich konzentriert.

 

Ab jetzt bin ich wie in Trance, ich bekomme nichts mehr mit und habe jegliches Zeitgefühl verloren. Ab und zu misst Moni die Herztöne des Babys, ermutigt mich, unterschiedliche Positionen auszuprobieren. Lena und Moni unterstützen mich beim Tönen, was mir extrem hilft und immer wieder massiert mir Lena den Rücken. Oliver versorgt mich regelmäßig mit Trinken und es ist gut zu wissen, dass er bei mir ist. Ich frage mich „Wie spät ist es eigentlich? Bin ich schon lange hier?“ Wenn ich erst kurz da bin, würde es bestimmt noch lange dauern, bis das Baby kommt und wenn es schon ewig dauert, würde es ein Gefühl der Erschöpfung auslösen. Also entscheide ich, nicht nach der Uhrzeit zu fragen. Einmal habe ich in dieser Phase einen richtigen Durchhänger und habe das Gefühl, ich kann nicht mehr, die Schmerzen sind so stark und ich halte sie nicht mehr aus – aber ich konzentriere mich sofort wieder auf die Atmung und schiebe diese Gedanken beiseite. Am Rande bekomme ich irgendwie mit, dass es in der schwülen Sommerhitze mittlerweile angefangen hat, zu regnen. Das Fenster ist gekippt und ich frage mich, was sich die Leute, die vorbeigehen wohl denken… Gleichzeitig wars mir aber auch total egal.

 

Moni ermutigt mich nach einiger Zeit, aus der Badewanne herauszukommen und auf die Toilette zu gehen – mit dem Rücken hinten angelehnt, war das eine super angenehme Position – da hätte ichs schon noch länger ausgehalten :) Anschließend schaut die Hebamme wieder mal nach dem Muttermund und tataaa – er ist jetzt ganz offen. Was für eine Erleichterung! Moni stellt fest, dass unter dem Kopf des Kindes noch Fruchtwasser ist, das den Kopf gut schützt. Auch das beruhigt mich sehr. Moni meint, wenn ich den Drang habe, mitzuschieben während einer Wehe kann ich das ab jetzt tun. Ich steige wieder in die Badewanne und schließlich kommt dieser Moment (wobei ich diesen Drang mitzuschieben nicht so extrem verspürt habe, wie ich es aus Erzählungen anderer Frauen kenne). Schwer begeistert und beeindruckt, dass ich da jetzt wirklich aktiv etwas tun und bewirken kann – ja ich habe wirklich den Eindruck, dass ich das Baby einige Zentimeter weiter bringe ;-) – bin ich für einige Wehen voll motiviert. Ich habe das Gefühl, dass es jetzt wohl nicht mehr allzu lange dauert.

 

Ein paar Wehen später habe ich einen zweiten Durchhänger: „Oh mein Gott, das geht sich nie im Leben aus, dass der Kopf da durch passt! Der Geburtskanal ist viel zu eng“ Aber ich schiebe diesen Gedanken rasch beiseite und versuche, meine Konzentration wieder auf die Atmung zu lenken. Moni meint, dass es bald geschafft wäre [als sie und Oliver kurz in der Küche sind, verrät sie ihm heimlich, dass es schon noch etwas dauern könnte – aber das habe ich natürlich erst im Nachhinein erfahren – diese Motivation war für mich in der Situation bestimmt gut!]

 

Nun bin ich an einem Punkt, an dem ich doch schon recht erschöpft bin, es geht nicht so viel weiter. Oliver bringt mir zur Stärkung für den Endspurt einen Traubenzucker und kurze Zeit später lehnen wir uns gegenüber: ich von innen an die Badewannenwand, er von außen und er sagt: „Verabschiede dich doch mal von deinem Bauch!“. Ja, da hat er voll ins Schwarze getroffen: gegen Ende der Schwangerschaft ist mir mein riesiger Bauch schon so auf die Nerven gegangen. Also schaue ich hinunter und sage: „Baba Bauch!“ – und die nachkommende Wehe hat wieder richtig viel in Bewegung gebracht! Im Nachhinein finde ich es großartig, was Gedanken alles bewirken können! Moni verkündet auch, dass man den Kopf bereits sehen kann.

 

Der Endspurt. Einige Wehen verbringe ich noch, ohne dass sich meiner Meinung nach besonders viel tut und plötzlich überkommt mich ein riesen Motivationsschub: „So, ich setze dem jetzt ein Ende! Ich will nicht mehr!“ Also kratze ich meine gesamte Kraft, Energie und Motivation zusammen um bei der nächsten Wehe den Kopf des Baby herauszuschieben! Wahnsinn! Ich habs fast geschafft, der Rest ist jetzt nur noch ein Spaziergang – und so kommt bei der nächsten Wehe der Körper und ein Baby ist geboren! Ich bin so wahnsinnig froh und erleichtert, dass es geschafft ist.

 

Da ich in der Wanne knie und mit dem Oberkörper vorne über den Rand lehne, fängt Moni das Baby auf und verkündet: „Es ist ein Mädchen!“ Nachdem ich mich umdrehe, kurz verwirrt bin, weil da ja noch die Nabelschnur im Weg ist, von der ich mich erstmal entwurschteln muss, kann ich sie nun auch sehen! Ich lehne mich zurück und lege sie auf mich! Es ist einfach wunderschön! Es ist 22:45 Uhr.

 

Als die Nabelschnur auspulsiert ist, schneidet Oliver sie durch. Nun nimmt Oliver seine kleine Tochter in die Arme und geht ins Geburtszimmer nebenan, da die Badewanne bald wieder gebraucht wird. Die Plazenta kommt kurze Zeit später vollständig und problemlos. Nun kuscheln wir zu dritt im Bett und genießen die ersten Momente. Ich lege das Baby das erste Mal an und es trinkt von meiner Brust. Moni versorgt meinen Dammriss. Wir kuscheln weiter, Oliver und ich sind immer noch überwältigt, dass das kleine Baby nun wirklich auf der Welt ist! Und jetzt bekommt es auch einen Namen: Elisa.

 

Moni bringt uns Suppe zur Stärkung, erledigt diverse formale Dinge, wiegt Elisa ab – 3,2 kg, misst sie ab – 52 cm. Nun packen wir alles zusammen und machen uns auf den Weg. Es ist Dienstag, 2 Uhr in der Nacht: glücklich und wie auf Droge fahren wir als kleine Familie nach Hause.

 
 
 

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Dipl. Hebamme Monika Frey-Rahoui
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Telefon: +43 699 19426857

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